Die Lieblingsköche des Hirtengottes

Burgenländische Küche

"Wir kochen gerne pannonisch", lautete jahrelang der Wahlspruch der burgenländischen Wirte, und sie meinten damit selbstverständlich in erster Linie die klassische ungarische Troika "Tomaten, Zwiebeln, Paprika", die auch im Burgenland von heute noch eine der wichtigsten Grundlagen der bodenständigen Küche bildet.

Doch auch wenn das Königreich Ungarn in Österreichs jüngstem Bundesland - das heutige Burgenland gelangte erst 1921 an die Republik Österreich - gewiss die nachhaltigsten kulinarischen Spuren hinterlassen hat, wäre es falsch, die burgenländische Küche deswegen kurzerhand mit der ungarischen gleichzusetzen. Die Pannonier - der Name leitet sich vom thrakischen Hirtengott Pan her, nach dem auch die ehemalige römische Provinz Pannonien benannt war - waren nämlich keineswegs Magyaren, sondern "keltisierte" Illyrer.

Und ähnlich wie nach ihnen die Burgenländer entwickelten sie auch durchaus eigenständige Essgewohnheiten - damals übrigens noch ganz ohne Paprika, der bekanntlich erst nach der Entdeckung Amerikas nach Europa gelangte und in Ungarn erst im 19. Jahrhundert populär wurde. Mindestens so groß wie der magyarische (nicht zu vergessen auch der slowakische, kroatische und serbische) Einfluss erwies sich in Bezug auf die burgenländischen Kochgewohnheiten auch jener der so genannten "Heanzen", jener Heidebauern, die aus bairischen und alemannischen Gebieten einwanderten und von dort auch ihre Ernährungsgewohnheiten mitbrachten.

Der Spitzname "Suppenschwaben", der den Burgenländern früher wegen ihrer Verliebtheit in Kraut-, Eintropf- und Gemüsesuppen sowie der Gewohnheit, auch zum Frühstück bereits Suppe zu löffeln, verpasst wurde, ist daher auch ethnologisch durchaus begründet.

So schlaraffisch und opulent sich die burgenländische Küche heute oft präsentiert, ihrem Wesen nach war sie doch die längste Zeit ihrer Geschichte eine Armeleuteküche. Eine Tatsache, die seinerzeit bereits dem römischen Geschichtsschreiber Cassius Dio auffiel, der einige Jahre hindurch als Statthalter des Imperiums in Pannonien weilte. Über seine "zwar tapferen, aber jähzornigen und mordsüchtigen" Untertanen notierte er: "Sie führen das allerkümmerlichste Leben, da sie weder guten Boden noch günstiges Klima haben und kein Öl (...) bauen. Gerste und Hirse ist ihre Speise zugleich und ihr Trank."

Dass sich die burgenländische Kost stark an Getreide orientiert, hat sich bis heute übrigens nicht geändert. Typische Gerichte sind beispielsweise Eiergersteln (Tarhonya), Zupfnockerln (Tschipetke) oder die süßen, mit gerissenen Äpfeln gefüllten "Balassn". Aus der einfachen burgenländischen Heanzen- Küche nicht wegzudenken sind auch Bohnen, Kraut, Kukuruz, Umurken (Gurken), Grumbirn (Erdäpfel) und Zwiebelgewächse, vor allem der hierzulande Buri genannte Porree.

Sobald die burgenländische Küche eine bestimmte, fast angestammte Kargheit überwindet, sind allerdings meistens magyarische, slawische und mitunter auch jüdische Einflüsse im Spiel – im Burgenland gab es bis 1938 sieben kulturell und historisch gleichermaßen bedeutende jüdische Gemeinden. Die gebratenen Gänse mitsamt ihren gestopften oder nicht gestopften Lebern, die Paprikahendeln, die jüdische Hühnerleber (eine köstliche Hühnerpastete mit starkem Knoblauchanteil), das Letscho, die Halászlé (paprizierte Fischsuppe), der Fogás (Zander) vom Holzkohlengrill oder die schokolade- und schlagobersträchtigen Somloer Nockerln – sie alle haben ihren Ursprung eher im sinnenfroh-nomadischen Osten als in schwäbisch-sesshafter Sparsamkeit. Durch dieses west-östliche Wechselspiel hat die burgenländische Küche immer mehr an individueller Eigenheit gewonnen und sich von der ungarischen Küche einerseits und von der benachbarten Wiener Küche andererseits erfolgreich emanzipiert.

Erfreulicherweise ist dieser Prozess noch keineswegs beendet, ist doch das Burgenland heute mit Recht stolz darauf, einige der besten Köche Österreichs hervorgebracht zu haben. Und während Cassius Dio die ursprüngliche Armseligkeit der pannonischen Bauernküche noch auf den Mangel an Weinbau zurückführte, so hat sich seit der Antike auch auf diesem Gebiet Gewaltiges getan. Der Rebensaft ist mittlerweile zum burgenländischen "Nationalgetränk" geworden, das den Winzerinnen und Winzern zwischen Leithagebirge und Eisenberg nicht nur weltweites Ansehen verschafft hat, sondern in den stetig dampfenden Töpfen des Burgenlands auch immer häufiger als willkommene Edelzutat für feine Gerichte dient.


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Autor: Christoph Wagner

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2 Kommentare „Burgenländische Küche“

  1. ashy49
    ashy49 — 12.5.2016 um 20:58 Uhr

    zur burgenländischen küche gehört ein hochzeitsbeuglaus speziellem germteig gefertigt darf bei keiner hochzeit fehlen

  2. Wuppie
    Wuppie — 18.3.2015 um 09:34 Uhr

    sehr gut und deftig- wie die ungarische

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