Die ganze Welt in Australiens Töpfen
Waren es erst die englischen Siedler, die mit ihrer recht eintönigen heimischen Kost die australische Küche prägten, so sind nach dem Zweiten Weltkrieg und schließlich in den Neunzigern die Einflüsse weitaus vielfältiger geworden. Einwanderer aus China, Japan, Griechenland, Italien und vielen Ländern mehr brachten ihre Rezepte, Zutaten und auch Essgewohnheiten mit in ihre neue Heimat und eine faszinierende Cross-Over-Küche entstand.
Outdoor-Cooking
Nicht nur gegessen wird mit Vorliebe im Freien – auch das Kochen findet bevorzugt unter freiem Himmel statt. Fix montierte Gas-Barbecues gehören zur Grundausstattung auf den meisten Campingplätzen und Picknick-Arealen, aber auch in den großzügigen Parks der Großstädte sind Münzbarbecues installiert.
Beim Barbecue, von den Australiern liebevoll "Barbie" genannt, landet vor allem Fleisch auf den Grillern: Zarte Lamb-Chops, saftige Rinderhüftsteaks und Würstchen für die Meat-Lover; für die Freunde der weniger deftigen Küche werden Garnelen oder Fische gegrillt, die täglich in üppigster Auswahl auf den Märkten angeboten werden.
Ein unverzichtbarer Begleiter beim Barbie und bei Picknicks ist der Eskie, eine "ausgewachsene" Kühltasche. Und nicht nur kühlen muss sie, als Sitzplatz soll die Box praktischerweise auch zu verwenden sein. Am besten für zwei.
Für Picknicks und Barbecues eignet sich jedes Plätzchen, aber am Strand sind sie eben doch am schönsten.
Schlicht und einfach
Auch wenn die Vorliebe für feine und experimentelle Küche in den letzten Jahren gewachsen ist, mögen es die Australier einfach. Schnell muss es gehen. Stundenlang am Herd stehen liegt den Aussies ganz und gar nicht. Der australische Kochstil entspricht so richtig dem Charakter der Australier selbst: unkompliziert, praktisch, einfach. In den Familien wird traditionell gekocht; Lammfleisch oder Rind mit Karotten, Brokkoli, Erbsen, Bohnen oder Kürbis sind dominant am Speiseplan zu Hause. Eine Fingerspitze asiatischer Gewürze gibt aber auch dieser Alltagsküche ein besonderes Flair. Und der Wok findet sich mittlerweile in genau so vielen Haushalten wie das obligate Gas-Barbecue.
Unter Wasser
Der kulinarische Himmel Australiens liegt unter dem Wasser. Nachdem die pulsierenden Städte Australiens an den Küsten liegen, stellt das Meer ihre Speisekammer schlechthin dar.
Im Norden Australiens wird der Barramundi (Barsch) aus dem Wasser geholt; sein zart-weißes Filet wird von den Australiern ganz besonders geschätzt. Aber auch der Whiting, der Flathead und der Snapper sind begehrte Speisefische.
Die besten Scampi, schwören die Australier, gibt es im Westen, dafür steht bei Austern Tasmanien hoch im Kurs – neben den begehrten Sydney-Felsenaustern. Großer Beliebtheit am Teller erfreut sich die Mud Crab, auch wenn der Name „Schlammkrabbe“ nicht vornherein köstlich klingt. Herrliche Langusten, Prawns in allen Varianten, Tintenfische und Marrons (Süßwasserkrebse) … die Auswahl an Unter-Wasser-Köstlichkeiten, die jeden Morgen auf den Fischmärkten angeboten werden, ist verführerisch vielfältig.
Im "Sunshine State" Queensland bleibt dem Unentschlossenen die Qual der Wahl erspart: Beim Reef and Beef, das in den meisten Restaurants an der Küste angeboten wird, sind Meeresfrüchte und saftiges Rindfleisch auf einem Teller vereint.
Fast Food
Die Briten werde es nicht gerne hören, aber australische Fish´n’Chips, so wird behauptet, sind die besten der Welt. Meist hat man in den Fish´n’Chips-Shops die Wahl zwischen verschiedenen Fischarten; in den besten Läden kann man sogar zwischen zehn verschiedenen Sorten wählen. Am häufigsten wird der Haifisch, der flake angeboten, aber welcher Fisch auch immer: tiefgekühlte Ware ist tabu.
Ob im Pub, auf Tankstellen oder in der Bäckerei: Der Meat-Pie ist ein allgegenwärtiger Fast-Food-Liebling der Australier. Gefüllt werden die Blätterteigpasteten mit Rindfleischwürfeln, Speck und Zwiebeln, mit klein gewürfeltem Hühnchenfilet und Kürbis oder mit Faschiertem. Aufgewärmt in Backofen oder Mikrowelle lässt der erste Bissen eine duftende Dampfwolke frei.
In jedem kulinarischen Register findet sich auch ein Prise Asien, und neben Red Rooster, Kentucky Fried Chicken, Hungry Jacks, Pizza Hut und Subways sind Sushi auf die Hand, ein Schälchen Noodles oder Satay-Spießchen eine willkommene Abwechslung.
Bushfood
Die Speisen des ursprünglichen Australiens, die Nahrung der Aborigines, offenbaren sich nicht gleich auf den ersten Blick. Dieses Essen muss entdeckt, ergraben und erjagt werden. In Erzählungen geben die Aborigines das Wissen, wie man im brennenden Herzen von Australien zu Nahrung und Wasser kommt, an die Nachfahren weiter. Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit, um Bushfood zu probieren. Seit Anfang der Achtziger wird auch in vrschiedenen Restaurants Bushfood angeboten; sogar eine kleine Kette von Bushfood-Lokalen wurde eröffnet.
Macademia-Nüsse sind wohl das bekannteste Bush-Food; allerdings wurde man erst auf diese „ Königing der Nüsse“ aufmerksam, als sie von Australien nach Hawaii gebracht und dort angepflanzt wurden.
Die knallig roten Buschtomaten, die für viele Speisen verwendet werden, haben wenig zu tun mit den saftigen Tomaten, wie sie der Rest der Welt kennt. Es sind die säuerlichen Beeren von Nachtschattengewächsen, die nur getrocknet genießbar sind.
Neben verschiedensten Wildtieren ist die Witchetty Grub eine hervorragende Proteinquelle; eine dicke Raupe, die in den Wurzeln eines bestimmten Strauchs in der Wüste lebt.
Die süßlichen Yamswurzeln werden – wie Kängurufleisch – in Asche gekocht; besondere Aromen verleihen der feurige Buschpfeffer und die aromatische Zitronenmyrte, die Blätter eines Regenwaldbaums.
BYO
Nicht jedes australische Restaurant, in dem man sich gemütlich zum Essen niederlässt, hat eine Lizenz für den Ausschank alkoholischer Getränke. Die Devise lautet hier: Bring Your Own. Restaurantbesucher bringen Wein oder Bier selbst mit; im Restaurant ist zumeist eine „Korkgebühr“ von einigen Dollars zu entrichten. Dies erklärt sicherlich auch die hohe Dichte der Bottle Shops und Drive-In-Liquor-Stores.
Echt typisch!
Einige kulinarische Vorlieben der Australier sind für Urlauber nicht ganz nachvollziehbar. Ein klassisches Beispiel dafür ist Vegemite, ein Brotaufstrich aus Hefeextrakt, der in Aussehen und Geschmack an Maggi erinnert. Gewonnen wird es aus Brauhefe und Gemüseextrakten. Für die einen unverzichtbarer köstlicher Brotaufstrich, für die anderen bloß ein Grund zum Naserümpfen.
Asiatische Köstlichkeiten
In den Goldgräberstädten im Landesinneren kamen mit den asiatischen Goldsuchern des 19. Jahrhunderts auch die chinesischen Restaurants ins Land – mit einer damals nicht gerade exzellenten Küche. Daran hat sich aber einiges geändert, und inzwischen gehören asiatische Speisen und vor allem asiatische Gewürze zum fixen Bestandteil der australischen Küche.
In unzähligen Bastkörbchen dampfen Dim Sum vor sich hin, köstliche südchinesische Knödel, Teigtaschen, Rollen und Bällchen, gefüllt mit Fisch, Fleisch oder Gemüse, die im Dampf erhitzt worden sind. Würzige Currygerichte aus Indien, ästhetische Sushi aus Japan und malaysische Satayspießchen bringen mehr als nur einen Hauch Fernost nach Australien. Ein kulinarisch-asiatischer Höhepunkt ist das Seafood Laksa, ein malaysischer Meeresfrüchteeintopf mit Kokosmilch und asiatischer Laksa-Minze.
Gewürzt wird mit den intensiv duftenden Blättern des Kaffirlimonenbaums oder der Galangawurzel aus der Ingwerfamilie.
Rotes Land – Rotes Fleisch
Noch immer sind die dunklen Fleischsorten – Rind, Lamm – die beliebtesten in Australien. Wobei die Australier bisher beim zarten und würzigen Kängurufleisch allerdings den Touristen und Haustieren den Vortritt ließen. Langsam erkennen aber auch sie, dass der Exportschlager (vor allem nach Asien, aber zunehmend auch nach Europa) nicht nur sehr gesund sondern auch sehr schmackhaft ist.
Im Norden findet man häufiger Krokodilfleisch auf der Speisekarte, im Geschmack zwischen Hühnchen und Fisch positioniert; und auch Emu und Büffelsteaks erfreuen sich kulinarischer Beliebtheit.
Früchte
Fürchte gehören eindeutig zu den kulinarischen Schätzen des Landes. Saftig und butterweich hängen in Queensland die Mangos in Griffhöhe, der Granny Smith hat in Tasmanien seine Wurzeln, in Tassy gedeiht aber auch hervorragendes Steinobst. Kokosnüsse aus dem Norden, Trauben aus dem Süden, Zitrusfrüchte, Beeren und Passionsfrucht … die Palette an Früchten ist gleichermaßen bunt wie appetitlich.
Süßes Australien
Die Pawlowa, ein üppiges Dessert aus Windbeutel, Schlagobers und Passionsfruchtmark gehört zu den süßen Lieblingen Australiens; adoptierterweise, denn diese Kalorienbombe stammt höchstwahrscheinlich aus Neuseeland.
Auch Lamingtons, mit Schokolade überzogene und mit Kokosraspeln bestreute Biskuitkuchen gehören zu den begehrten Hüftschmeichlern. Und wem das noch immer nicht süß und kalorienreich genug ist, kann seinen Zuckerspiegel mit frittierten Schokoriegeln in die Höhe jagen.
Kulinarisch spricht also nichts dagegen, sich an das andere Ende der Welt aufzumachen!